Karriere trotz Flugangst
Seit 2013 ist Florian Fritsch nicht mehr geflogen – und vermisst nichts. „Ich habe einen Teil der Welt gesehen, dafür bin ich dankbar. Aber ich komme auch mit dem Auto überall gut hin“, sagt er. Trotz dieser Einschränkung spielte er zwischen 2015 und 2017 erfolgreich auf der European Tour – mit einem Highlight 2017: Platz vier bei den British Masters. Rückblickend sagt er: „Ich hätte nie gedacht, dass ich so weit oben mitspielen kann. Der Druck war enorm, und ich bin stolz, dass ich das
geschafft habe.“ Was ihm zur absoluten Weltspitze gefehlt hat? „Der Wettkampfgedanke. Ich mag Nervenkitzel – aber eher als Trainer, nicht als
Spieler. Ich hätte mehr in Persönlichkeitsentwicklung investieren müssen.“
Ein Jahr, zwölf Turniere, eine Karte
2016 war sein stärkstes Jahr – und das mit nur zwölf Turnieren. „Bis August war ich weder auf der Challenge noch auf der European Tour wirklich weit vorne. Dann haben meine Frau Inga, mein Trainer Martin Hasenbein und ich beschlossen, alles auf die European Tour zu setzen.“ Die Rechnung ging auf – auch wenn die Reisen logistisch anspruchsvoll blieben: Fähren, Zwischenstopps, Hoteltraining – manchmal reichte die Zeit gerade so, um „gameready“ zu sein. Eine seiner kuriosesten Geschichten: „Bei den Nordea Masters 2016 stieg ein Zuschauer in mein Auto, hielt es für ein Shuttle, und bat mich, ihn zum VIP-Parking zu bringen. Ich hab mitgespielt – als er erfuhr, dass ich das Turnier anführe, war sein Blick unbezahlbar.“
Der Abschied – und ein neuer Anfang
Das Karriereende von Fritsch war kein Bruch, sondern ein Übergang. Corona-Perspektivlosigkeit, der Wunsch nach mehr Familienzeit und der Start
seiner Trainertätigkeit führten zur Entscheidung. Heute ist er als Trainer
aktiv, arbeitet mit Mannschaftsspielern sowie Profis wie Michael Obtmeier und Yannick Köhnen. „Es ist schwerer geworden, auf die DP World Tour
zu kommen. Die Leistungsdichte ist breiter, das Feld stärker.“ Sein Ziel:
„Ich möchte junge Spieler mutig und selbstbestimmt begleiten. Nicht alle
werden es schaffen – aber sie haben Potenzial.“
Leben im Auto, aber mit Struktur
Fritsch lebt mit seiner Frau Inga und drei Kindern in Heidelberg, arbeitet jedoch in Stuttgart – 1,5 Stunden pro Strecke. „Ich nutze die Zeit für Podcasts, Telefonate – oder einfach für mich.“ Neben dem Training kommentiert er bei Sky (ca. 20 Stunden pro Woche) und produziert den erfolgreichen Podcast „Tee Time“ (rund 2 Stunden Aufwand). „Der Podcast entstand in der Corona-Zeit mit Jens Zielinski, später kam Bernd Ritthammer dazu – inzwischen haben wir über 300 Folgen.“
Über LIV, Majors und das große Ganze
Auch zur aktuellen Tour-Diskussion hat Fritsch eine klare Meinung: „LIV hat die Strukturen nicht zerstört, sondern erweitert. Es gibt mehr Angebote, höhere Preisgelder und ein finanzielles Grundgerüst für Spieler.“ Zur Entwicklung im Profisport meint er: „Golf wird dramatischer, emotionaler – mit mehr Eventcharakter. Das gehört heute dazu.“ Ein besonders emotionaler Moment: Rory McIlroys letzter Anlauf auf den Karriere Grand-Slam. „Diese Runde war außergewöhnlich. Er wurde immer wieder zu Boden geworfen und stand jedes Mal auf. Das war zutiefst menschlich – und inspirierend.“
Legends Tour? Vielleicht…
Ob er mit 50 auf der Legends Tour abschlägt? Warum nicht? Meine Familie würde es lieben – meine Frau würde gerne mal wieder mitkommen, die Kinder können es kaum erwarten, in der Players Lounge zu essen“, lacht Fritsch. Sein neuer BMW hat übrigens nach zwei Monaten schon 15.000 Kilometer – ganz ohne Flug.
Florian Fritsch
Spitzname: Fritschi
Geboren: 29.10.1985
Größe: 1,82 m
Wohnsitz: Heidelberg
Familenstand: verheiratet mit Inga, drei Kinder
Profikarriere: 2009 – 2020
Turniere: 20 Pro Golf-, 75 Challenge- und 90 European Tour Turniere
Arbeitsmittelpunkt: Stuttgarter Golfclub Solitude
Auszeichnungen: Goldene Ehrennadel des DGV e.V. für sportliche Erfolge & PGA of Germany „Player of the Year”
Wordrap
Lieblingsplatz?
Royal Park I Roveri bei Turin.
Bester Golfschläger in der Tasche?
Das Wedge.
Das eine Turnier, das du gerne noch gespielt hättest?
The Open Championship.
Schönstes Turnier, das du jemals gespielt hast?
Alfred Dunhill Links Championship 2016.
Ein Satz, den du jungen Golfspielern immer mitgibst?
Sei mutig, Dinge so zu sehen, wie sie sind. Sei authentisch –
Copy Cats waren noch nie erfolgreich.